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Botschafter Plötner im Interview mit der Griechenland Zeitung

Botschafter Jens Plötner

Botschafter Jens Plötner, © picture-alliance/dpa

27.03.2019 - Interview

Im Interview mit der Griechenland Zeitung zieht Jens Plötner Bilanz zu seiner zweijährigen Amtszeit als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Hellenischen Republik.

GZ: Sie waren nur knapp zwei Jahre als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Athen tätig. Das ist ein relativ kurzer Zeitraum. Weshalb diese schnelle Ablösung, und was wird Ihr nächster Posten sein?

PLÖTNER: Ja, das stimmt: Zwei Jahre sind kurz und meine Familie und ich wären gerne länger geblieben. Griechenland war sehr gut zu uns – wir haben uns hier sehr wohl gefühlt. Aber zum Leben eines Diplomaten gehört nun mal der regelmäßige Wechsel. Bundesminister Maas hat mich gebeten, in der Zentrale des Auswärtigen Amts die Aufgabe des Politischen Direktors zu übernehmen. Das ist eine anspruchsvolle und spannende Aufgabe.

GZ: In diesen zwei Jahren in Athen hatten Sie alle Hände voll zu tun. Nicht zuletzt gab sich die gesamte politische Elite Deutschlands in dieser Zeit bei Besuchen in Griechenland die Klinke in die Hand: Staatspräsident, Bundeskanzlerin, Außenminister – zuletzt auch noch die Verteidigungsministerin. Wie interpretieren Sie dieses sichtliche Interesse Berlins für Griechenland?

PLÖTNER: In den zurückliegenden Jahren standen Besuche deutscher Regierungsvertreter ja häufig im Zeichen einer Krise – zuerst der Wirtschafts- und Finanzkrise, dann der Flüchtlingskrise. Das hat sich in den letzten zwei Jahren geändert. Die von Ihnen genannten Besuche – Höhepunkt war sicherlich der Staatsbesuch von Bundespräsident Steinmeier – waren Ausdruck der Jahrzehnte alten Freundschaft, der engen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern. Wir wollen unsere Beziehungen jetzt wieder in ihrer ganzen Breite und Vielfalt pflegen und ausbauen – politisch und wirtschaftlich, aber auch im Bereich der Kultur, der Wissenschaft und Forschung oder der Jugend.

GZ: In der Tat: Die bilateralen Beziehungen bewegten sich in den letzten beiden Jahren in recht ruhigen Fahrwassern. Ausnahmen waren vielleicht die Themen der Reparationen für die deutsche Besatzung im II. Weltkrieg und des sogenannten Zwangskredits. Wo ist hier der Stand der Dinge und wie geht es in dieser Frage weiter?

PLÖTNER: Bei der Frage der Reparationen bleibt es dabei, dass es zwischen der deutschen und griechischen Regierung unterschiedliche juristische Standpunkte gibt. Aber jenseits dessen habe ich mich in den letzten Jahren darum bemüht, zur Entwicklung einer gemeinsamen Erinnerungskultur beizutragen. Es ist ja leider so, dass das Wissen über die schlimmen deutschen Verbrechen während der Besatzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg bei uns viel zu lange kaum vorhanden war. Aber: Das beginnt sich zu ändern. Denken Sie etwa an das große Zeitzeugenprojekt der beiden Universitäten Berlin und Athen, das Ende letzten Jahres in Berlin vorgestellt wurde. Oder an die gemeinsame Erinnerungsarbeit zwischen deutschen und griechischen Schulen. Hier tragen wir eine ganz konkrete Verantwortung, die Erinnerung an die Opfer wachzuhalten. 

Ob Forderungen nach zwei- oder gar dreistelligen Milliardenbeträgen an die Adresse der 4. oder 5. Nachkriegsgeneration ein Beitrag zur Entwicklung unseres gemeinsamen Europäischen Hauses sind, kann man – finde ich – bezweifeln.

GZ: In ihre Amtszeit fiel auch die Kompromisslösung der Namensfrage des nördlichen Nachbarlandes am Vardar, das jetzt Republik Nordmazedonien heißt. Benannt wurde dieses sogenannte „Prespes-Abkommen“ nach dem Ort, an dem es vereinbart wurde. Berlin hatte sich stets für einen solchen Kompromiss eingesetzt. Können Sie sich in die Gegner dieser Lösung, die es in Griechenland gibt, hineinversetzen? Laut Umfragen lehnen immerhin zwei Drittel bis drei Viertel der griechischen Bevölkerung dieses Abkommen ab.

PLÖTNER: Zunächst einmal: Kompliment an die Regierungen in Athen und Skopje zu dieser wahrhaft historischen staatsmännischen Leistung. Bei all den Krisen, die uns derzeit zu schaffen machen, ist dieses Abkommen wirklich ein Lichtblick!

Zu Ihrer Frage: jedes Land, jedes Volk hat seine eigene emotionale DNA – das muss man respektieren. Ich glaube aber, dass mit der Zeit auch in Griechenland immer mehr Menschen den Vorteilen des Abkommens größeres Gewicht beimessen werden.

GZ: Ein Abschied bedeutet immer auch Bilanz: Was ist für Sie das Wichtigste, das Sie während Ihrer Amtszeit in Athen erreicht haben? Was hätten Sie gerne noch zu Ende geführt?

PLÖTNER: Ich bin dankbar, dass wir unsere bilateralen Beziehungen aus dem Krisenmodus herausgeführt haben, dass wir neue Kooperationsbereiche ausbauen konnten. Der erfolgreiche Abschluss des 3. Programms im letzten Jahr und das erwähnte Prespes Abkommen waren weitere Highlights. Heute gibt es zwischen Athen und Berlin große Übereinstimmung über die wichtigsten Fragen der Fortentwicklung der Europäischen Union: solidarische Lastenverteilung im Bereich der Migration, Fortentwicklung unserer Verteidigungsunion und des europäischen Grenzschutzes.

GZ: Im Bereich der dualen Ausbildung etwa, die Berlin nach deutschem Vorbild in Griechenland gern voranbringen wollte, hat sich eher wenig getan …

PLÖTNER: Ja, Sie haben Recht: dass wir im Bereich der dualen Berufsbildung nicht weiter gekommen sind, bedauere ich sehr!

GZ: Welche Projekte werden Sie Ihrem Nachfolger besonders ans Herz legen?

PLÖTNER: Ich bin sicher, dass sich mein Nachfolger selbst schnell ein Bild der richtigen Prioritäten machen wird. Was aber dieses Jahr ansteht, ist der Arbeitsbeginn des Deutsch-Griechischen Jugendwerks. Das ist wirklich ein Juwel unserer bilateralen Beziehungen!

GZ: Welche Rolle spielt für Sie die Berichterstattung der Griechenland Zeitung bezüglich der bilateralen Beziehungen?

PLÖTNER: Die Griechenland Zeitung ist eine ganz wichtige Brücke zwischen unseren beiden Ländern. Sie erklärt und vermittelt mit Sachkunde und großem Einfühlungsvermögen. Für mich war die regelmäßige Lektüre jedenfalls ein großer Gewinn.

GZ: Was hat Sie an Griechenland besonders fasziniert? Und: Werden Sie wiederkommen?

PLÖTNER: Die landschaftliche Schönheit, die reiche Geschichte, das tolle Essen, die hervorragenden Weine – all das wird uns in Erinnerung bleiben. Aber am meisten werden wir die Menschen vermissen – die Freunde, die wir gewonnen haben, aber auch die spontane Herzlichkeit vieler kurzer Begegnungen, die unglaubliche Gastfreundschaft.

Deswegen: Heute ist nicht aller Tage – wir kommen wieder, keine Frage!

GZ: Sehr geehrter Herr Botschafter Plötner, recht herzlichen Dank für dieses Interview.

Die Interviewfragen stellten Jan Hübel und Robert Stadler.

www.griechenland.net

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