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Gedenkrede von Botschafter Ernst Reichel am Volkstrauertag auf dem Deutschen Soldatenfriedhof Dionysos-Rapentosa

Botschafter Ernst Reichel bei der Kranzniederlegung auf dem Deutschen Soldatenfriedhof Dionysos-Rapentosa, © Deutsche Botschaft Athen
Traditionell wurde am Volkstrauertag aller Opfer von Krieg, Terror und Gewaltherrschaft mit einer Gedenkfeier mit Kranzniederlegung auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Dionysos-Rapentosa gedacht.
Liebe Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich danke Ihnen und freue mich sehr, dass Sie heute gekommen sind. Ich werte Ihre Anwesenheit am heutigen Tag als Zeichen der Freundschaft und Verbundenheit.
Wir stehen hier und heute zwar auf einem deutschen Soldatenfriedhof, dennoch würde ich gerne gemeinsam mit Ihnen aller Opfer gedenken, die ihr Leben in Kriegen und als Opfer von Tyrannei und Gewaltherrschaft verloren haben.
Hier in Dionysos-Rapentosa fanden 68 Soldaten des I. Weltkrieges und fast 10.000 Soldaten des II. Weltkrieges ihre letzte Ruhestätte. An diesem Ort liegen deutsche Soldaten, gefallen in ganz Griechenland, fern ihrer Heimat und fern ihrer Familien. Wenn man die Namen und das Alter der Gefallenen sieht, kann man nur tief traurig sein. Viele der Gefallenen waren noch kaum erwachsen, als sie fielen. Sie hatten ihr Leben noch vor sich. Ihr Leben wurde zerstört, Familien ins Leid gestürzt, aus Hass, ideologischer Engstirnigkeit und Nationalismus.
Es ist die historische Pflicht gerade von uns Deutschen, die Schrecken des Kriegs und menschlicher Unbarmherzigkeit niemals wieder zu vergessen.
Denn wir dürfen ebenfalls nicht vergessen, dass die hier ruhenden Soldaten als Invasoren, Aggressoren, Okkupanten und in einigen Fällen sogar als Kriegsverbrecher gekommen sind. Sie folgten den Befehlen eines verbrecherischen Systems und haben Leid und Elend über große Teile Griechenlands gebracht. Kaum ein Dorf ist von Krieg und Gewalt verschont geblieben; überall hat die deutsche Besatzung tiefe Wunden geschlagen. Wir als Deutsche wollen uns auch hier und heute unserer Vergangenheit stellen. Unsere Verantwortung kennt kein Verfallsdatum, ob den 2. Weltkrieg als solchen, es um Kriegsverbrechen oder um den Holocaust an Europas Juden geht.
Mögen uns die Erfahrungen der Vergangenheit eine Lehre sein, unsere Zukunft verantwortlich, friedlich und gemeinsam zu gestalten. Leid und Unheil darf sich nicht wiederholen, dazu mahnt uns die Vergangenheit.
Intoleranz, Hass und Grausamkeit dürfen schon in ihren Anfängen nicht zugelassen werden.
Umso mehr sind wir glücklich, dass aus ehemaligen Kriegsgegnern heute Freunde und Partner geworden sind. Heute stehen unsere Soldaten im Rahmen von UN, NATO und EU kameradschaftlich Seite an Seite, nicht nur hier, sondern auch in Einsätzen in Afghanistan, Kosovo, Μali, Südsudan, in der West-Sahara, im Libanon, im Irak, im Mittelmeer oder sonstwo auf der Welt.
Unsere Soldatinnen und Soldaten erfüllen ihren Auftrag unter oft schwierigsten Rahmenbedingungen und oft bei erheblichen Risiken für Leib und Leben. Oft, viel zu oft müssen wir auch heute junge Soldaten zu Grabe tragen. Im Rahmen der heutigen Gedenkveranstaltung möchte ich daher auch die gefallenen Soldaten in den Einsatzgebieten in unser Gedenken mit einschließen.
In diesem Jahr wird der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge 100 Jahre alt. Seine Arbeit steht unter zwei Leitsätzen: „Versöhnung über den Gräbern“ und „Arbeit für den Frieden“. Frieden kann nur stabil sein, wenn er auf Versöhnung und gegenseitigem Verständnis beruht.
An Orten wie diesem spüren wir den Schrecken und die Sinnlosigkeit des Krieges und ungezügelter Gewalt. Lassen Sie uns daher aus der Erinnerung die Überzeugung und die Kraft finden, uns für das Gemeinsame einzusetzen und das Trennende zu überwinden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.