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Grußwort von Botschafter Ernst Reichel beim Konzert „Tres Hermanicas“ anlässlich des Jubiläums „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ im Goethe-Institut Athen

Grußwort von Botschafter Ernst Reichel beim Konzert anlässlich des Jubiläums „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“

Grußwort von Botschafter Ernst Reichel beim Konzert anlässlich des Jubiläums „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, © Deutsche Botschaft Athen

25.09.2021 - Rede

Botschafter Ernst Reichel hat beim Konzert „Tres Hermanicas“ anlässlich des Jubiläums „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ ein Grußwort im Goethe-Institut Athen gehalten.

Sehr geehrte Damen und Herren,

dieses Jahr feiern wir 1700 Jahre nachweisbarer Präsenz jüdischen Lebens in Deutschland. Der historische Anknüpfungspunkt für das Festjahr 2021 ist ein Edikt des römischen Kaisers Konstantin vom 11. Dezember 321. Dieses erlaubte, dass Juden in Ämter der Kurie der Stadtverwaltung von Köln berufen werden konnten. Dieses Edikt belegt, dass jüdische Gemeinden bereits seit der Spätantike integrativer Bestandteil der europäischen Kultur waren – auch nördlich der Alpen.

Aus diesem Anlass feiert Deutschland ein bundesweites deutsch-jüdisches Festjahr, das unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Steinmeier steht. Mit über 1000 Veranstaltungen von Schleswig-Holstein bis Bayern soll jüdisches Leben sichtbar und erlebbar gemacht werden. Aber wir wollen dieses Festjahr auch im Ausland begehen. Deshalb freue ich mich außerordentlich, Sie heute zum Konzert „Tres Hermanicas – Lieder aus drei großen jüdischen Musiktraditionen“ zu begrüßen.

Meine Damen und Herren,

Ich empfinde tiefe Dankbarkeit dafür, dass 76 Jahre nach dem Horror der Shoah viele Menschen jüdischen Glaubens Deutschland als ihr Zuhause bezeichnen. Jüdischer Glaube, jüdische Traditionen und Symbole sind Teil unserer Kultur und bereichern uns. Jüdinnen und Juden hatten einen wesentlichen Platz in der deutschen Kultur. Große historische Leistungen in Philosophie, Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst und Kultur, auf die man in Deutschland stolz ist, wurden von ihnen erbracht. Bis zu jenem kolossalen, unvergleichlichen Verbrechen des Holocaust, jenem Verbrechen, das im deutschen Namen verübt wurde und doch auch Deutschland selbst um so vieles ärmer gemacht hat.

Wenn man an die deutschen Juden denkt, denkt man sofort an ihre Vernichtung im Holocaust. Doch die Reflexion von 1700 Jahren jüdischen Lebens gibt uns zugleich den Impuls, zu begreifen, dass in Wahrheit „deutsch“ und „jüdisch“ keine Gegensätze sind, sondern nur von den Antisemiten zu einem Gegensatz gemacht wurden. Diesen ideologisch geschaffenen Gegensatz gilt es aufzuheben, es gilt, „deutsch“ und „jüdisch“ wieder als alltägliche Verbindung zu begreifen, in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. Damit setzen wir auch ein Zeichen gegen den Antisemitismus, der uns auch heute auf verschiedenste Weise immer wieder begegnen kann.

Das heutige Konzert ist eine Feier der jahrhundertalten jüdischen Musiktraditionen, die in den einzelnen Regionen Europas einen durchaus unterschiedlichen Ausdruck fanden.

Ich bedanke mich herzlich bei der Sopranistin Mariangela Chatzistamatiou und dem Pellegrinaggio al levante-Ensemble, dass sie uns gleich einen akustischen Einblick in die verschiedenen jüdischen Musiktraditionen gewähren werden. Herzlichen Dank auch an das Goethe-Institut für seine Gastfreundschaft und an all jene, die dieses Konzert ermöglicht haben.

Uns allen wünsche ich einen angenehmen Kunstgenuss.

Vielen Dank!

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