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Grußwort des Botschafters Ernst Reichel bei der Vorstellung der Buchreihe „Schriften deutscher Philhellenen“ im Nationalen Historischen Museum
Buchvorstellung der Schriften deutscher Philhellenen, © Deutsche Botschaft Athen
Botschafter Ernst Reichel hat bei der Vorstellung der Buchreihe „Schriften deutscher Philhellenen“ im Nationalen Historischen Museum ein Grußwort gehalten.
Sehr geehrter Herr Generalsekretär,
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich ganz besonders, dass wir heute in diesem prächtigen Saal die Schriften der deutschen Philhellenen Johann Wilhelm August Streit, Adolph von Lübtow/Ludwig von Bollmann, Gustav Feldham, Wilhelm Traugott Krug und Carl Gerber präsentieren können. Sie stehen stellvertretend für die Hunderte deutscher Philhellenen, die mit Idealismus und Begeisterung nach Griechenland kamen, um den griechischen Kampf um Unabhängigkeit zu unterstützen. Sie waren die mit Abstand größte Gruppe ausländischer philhellenischer Freiwilliger.
Zwar belegen historische Quellen, dass die Bevölkerungen Deutschlands und Griechenlands bereits seit dem Mittelalter in regem Kontakt standen. Aber der Unabhängigkeitskampf der Griechen gegen die osmanische Herrschaft hat diesem Austausch eine zuvor nicht gekannte Tiefe und Emotionalität verliehen. In diesem Jahr, in dem wir den 200. Jahrestag des Beginns des griechischen Unabhängigkeitskampfes feiern, ist es mir ein besonders Anliegen, hieran zu erinnern.
Manche der deutschen Philhellenen sind in Griechenland geblieben und haben Geist und Funktionsweise des neu gegründeten Staates mitgestaltet, ihre Abkömmlinge leben hier unter uns und es ist mir eine besondere Freude, dass heute Abend zwei Nachfahren des deutschen Arztes und Philhellenen Heinrich Treiber anwesend sind. Der Einfluss dieser Philhellenen auf Griechenland ist häufig Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungen. Zugleich halten ihre Aufzeichnungen Griechen und Deutschen gleichermaßen einen Spiegel vor: Was bewegte deutsche Idealisten, im damals fernen Griechenland in den Kampf zu ziehen? Vermutlich unter anderem das Gefühl, dass in Griechenland eine Schaffung eines Nationalstaats möglich war, die in Deutschland selbst noch in weiter Ferne lag. Und der Erfolg Griechenlands war dann später eine Inspiration für die nationale Bewegung in Deutschland, für den öffentlichen Diskurs und das ästhetische Empfinden. Aber auch umgekehrt: Was können wir aus den Schriften deutscher Philhellenen des 19. Jahrhunderts über das entstehende Griechenland jener Zeit lernen? All dies macht die Aufzeichnungen der deutschen Philhellenen so interessant und spannend.
Meine Damen und Herren,
Athen ist seit der Gründung des modernen griechischen Staates eine Stadt, in der sich zahlreiche Spuren deutsch-griechischer Verflechtungen finden. Dies gilt auch für dieses Gebäude: die Gemahlin von König Otto, Königin von Griechenland Amalia von Oldenburg, legte im Jahr 1858 den Grundstein für dieses neoklassische Haus, welches von 1875 bis 1935 als Parlament Griechenlands diente. Obwohl das Gebäude nach den Plänen des französischen Architekten François Boulanger entworfen wurde, wurde das endgültige Baukonzept vom griechischen Architekten Panagiotis Kalkos fertiggestellt. Kalkos wiederum studierte mit Hilfe eines Stipendiums von König Otto Architektur in München. Dieser Saal ist daher unter anderem ein symbolischer Ort des fruchtbaren Austausches zwischen Deutschland und Griechenland im 19. Jahrhundert.
Sie sehen also auch an diesem Ort, an dem wir uns heute befinden: Die Beschäftigung mit unserer gemeinsamen Geschichte und dem Philhellenismus ist lohnend und wertvoll. Mindestens genauso wichtig ist die Frage nach ihrer heutigen Relevanz. Der Blick zurück kann auch einen Beitrag leisten zu der Diskussion, wo wir heute in Europa stehen und wo wir hinwollen.
Ich freue mich, dass die deutsche Botschaft Athen die Übersetzung ins Griechische und die Herausgabe dieser Schriften aus Mitteln des Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds ermöglicht hat. Ich bedanke mich herzlich bei der Leitung sowie den Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern des Nationalen Historischen Museums für die fruchtbare Zusammenarbeit und die Mitgestaltung der heutigen Buchvorstellung. Mein besonderer Dank gilt auch den Panelisten der heutigen Veranstaltung. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen, inspirierenden Abend.