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Rede von Botschafter Dr. Ernst Reichel zur Gedenkfeier der Schlacht um Kreta auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Maleme

Gedenkfeier der Schlacht um Kreta auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Maleme

Die Rede des Botschafters hat der Verteidigungsattaché Oberst i.G. Axel Pütz vorgelesen, © Deutsche Botschaft Athen

28.05.2023 - Rede

Traditionell wurde der Opfer der Schlacht um Kreta gedacht. Teil der Gedenkfeierlichkeiten war auch die Veranstaltung auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Maleme.

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

wir erinnern auch in diesem Jahr an den blutigen Krieg, der vor über 80 Jahren von Deutschland aus über weite Teile Europas und Afrikas gebracht wurde. Es ist selbstverständlich, dass die Sieger und zugleich Opfer der verbrecherischen deutschen Aggression erinnern, und dabei neben Trauer und Betroffenheit auch Stolz und Erleichterung empfinden, dass das Böse, das aus Deutschland kam, besiegt werden konnte. Für Deutsche ist die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust dagegen jedes Mal beherrscht von Schuld und Reue, und vom Erschrecken, dass unsere Eltern und Großeltern zu etwas Derartigem fähig waren.

Jenen Griechen und anderen Angehörigen der Alliierten Staaten, die Opfer der Nazibarbarei und zugleich Sieger über sie waren, möchte ich für ihr Kommen besonders danken. Dafür, dass Sie sich entschlossen haben, gewissermaßen die historischen Fronten des Kriegs zu überwinden und über den Gräbern großzügig Versöhnung und Freundschaft anzubieten – so möchte ich Ihr Kommen verstehen.

Die deutsche Invasion Kretas löste schreckliche Kämpfe aus, die Tausende Menschenleben forderten – auf griechischer, britischer, australischer, neuseeländischer, aber auch auf deutscher und italienischer Seite. Zahlreiche Gedenkstätten erinnern an die Opfer, an das Grauen und die Gewalt. An die Zerstörung, an das Morden, und an die Entmenschung, das Außerkraftsetzen moralischer Grundwerte, die ein Krieg so oft mit sich bringt. Auch dieser deutsche Soldatenfriedhof ist ein solcher Gedenkort, wenn auch mit einer anderen, komplizierteren historischen Perspektive.

Der Zweite Weltkrieg, in dem eine faschistische, menschenverachtende Ideologie besiegt wurde, hält auch Lehren für heute bereit. Eine Lehre ist, dass es angesichts einer brutalen Aggression, angesichts eines nicht zu rechtfertigenden, offenkundigen Angriffskriegs eine moralische Pflicht ist, dem Aggressor entschlossen entgegenzutreten, und das Opfer der Aggression in der Not nicht alleinzulassen.

Deutschland steht zu seiner moralischen und politischen Verantwortung und zu seiner historischen Schuld. Es hat sich neu erfunden als eine Nation mit einer fest verankerten Demokratie und tief verwurzelten freiheitlichen Werten. Es steht ein für die Freiheit anderer, vor Unterdrückung im Innern wie auch vor Angriffen von außen.

Und deshalb steht Deutschland heute auf der Seite des Opfers der Gegenwart, der Ukraine, in der die Menschen nicht nur um ihr Leben, sondern um ihre Existenz als Nation kämpfen. Deutschland steht jetzt Seite an Seite mit vielen, die im Zweiten Weltkrieg, vor mehr als 80 Jahren, noch Feinde waren. Griechen und Deutsche sind heute Freunde und Verbündete, engstens verbunden in EU und NATO. Für uns Deutsche ist dies ein Geschenk, und wir bleiben dankbar für die Großzügigkeit und Weitherzigkeit unser Freunde, die einst unseretwegen so sehr leiden und um ihre Freiheit kämpfen mussten.

Lassen Sie uns heute der Toten des Kampfs um Kreta gedenken, ihrer Familien und Freunde. Wir werden sie nicht vergessen. Und lassen Sie uns dabei ebenfalls an die Menschen denken, die heute in der Ukraine sterben oder leiden, an ihre Familien und ihre Freunde. Lassen sie uns zusammen der Ukraine beistehen, um Russland, den Aggressor von heute, abzuwehren und so den Frieden wiederherzustellen und zu schützen.

Meine Damen und Herren!

Die Toten mögen in Frieden ruhen.

Vielen Dank.

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