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Gedenkrede von Botschafter Andreas Kindl am Volkstrauertag auf dem Deutschen Soldatenfriedhof Dionysos-Rapentosa
Gedenkrede von Botschafter Andreas Kindl am Volkstrauertag auf dem Deutschen Soldatenfriedhof Dionysos-Rapentosa,, © © Deutsche Botschaft Athen
Traditionell wurde am Volkstrauertag aller Opfer von Krieg, Terror und Gewaltherrschaft mit einer Gedenkfeier mit Kranzniederlegung auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Dionysos-Rapentosa gedacht.
Es gilt das gesprochene Wort!
Wir wollen heute gemeinsam aller Opfer gedenken, die ihr Leben in Kriegen und unter gewalttätigen Regimen verloren haben. Jeder einzelne von uns kennt in der Geschichte seines Landes diesen Schmerz.
Diese Verlusterfahrung ist hier in Griechenland besonders präsent, die Erinnerung an die Opfer aus der Zeit der Junta-Diktatur, des Bürgerkriegs, der grausamen nationalsozialistischen Besatzungszeit, der beiden Weltkriege, der kleinasiatischen Katastrophe und auch an die Opfer der langen osmanischen Herrschaft ist sehr lebendig. Gedenken und Erinnern sind nicht nur persönliche menschliche Bedürfnisse, sondern gerade für diejenigen, die keine eigene Verlusterfahrung haben, ist das „Niemals wieder“ ein intensives Flehen, es möge keinen Krieg mehr geben.
Allein im zweiten Weltkrieg, in welchem unter den Nationen, die heute hier zusammengekommen sind, die einen den anderen im Kampf gegenüberstanden, sind 50 Millionen Menschen um ihr Leben gebracht worden. 50 Millionen Menschen - eine Zahl, von der man hoffen wollte, sie sei so gewaltig, dass sie ausreiche, zukünftige Kriege und Gewalttaten zu verhindern. Wir wissen aber aus unserer Lebenszeit, dass dem nicht so ist und wir sehen es gerade jetzt in der Gegenwart in Nahost und in der Ukraine und in Russland. Wir können nicht naiv sein und müssen erwarten, dass auch die Lebenszeit unserer Kinder nicht frei sein wird von Krieg und Gewalt.
Aber was bedeutet das für unser gemeinsames Friedensengagement? Ist es vorstellbar, dass wir unsere persönliche Verlusterfahrung und unser manchmal ritualisiertes Erinnern wenigstens teilweise verwandeln in ein entschlossenes Entgegentreten gegen die Gewalt und Krieg, die heute vor unseren Augen unschuldige Leben fordern? Kann der Wunsch nach einem „Niemals wieder“ zu einer tätigen Solidarität werden für unsere gemeinsame Freiheit?
Außenpolitisch leben wir in Europa in einer Zeit des Weckrufs. Gemeinsames Handeln ist notwendig. Wir wissen, dass Russland vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der Ukraine Vorbereitungen trifft für militärische Auseinandersetzungen mit Europa in nächster Zukunft. Wir wissen, dass wir als Europäer selbst stärker in eine gemeinsame Verantwortung treten müssen, um zu verhindern, woran wir erinnern und gedenken – „Niemals wieder“.